Landesarbeitsgemeinschaft Frauen* und HIV/Aids in NRW zum Internationalen Frauentag:
„Ein Sexkaufverbot bringt keine Verbesserung“
Köln, 7. März 2024 – „Das Sexkaufverbot bringt keine Verbesserung, sondern kann den Sexarbeiterinnen sogar eher
schaden.“ Darauf weist anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen*
und HIV/Aids in NRW (LAG) hin. Hintergrund sind die immer lauter werdenden Forderungen nach einem Sexkaufverbot
beziehungsweise dem Nordischen Modell. Beim Nordischen Modell ist eine wichtige Säule die Kriminalisierung der Kunden,
die gegen Geld sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen, während die Sexarbeitenden selbst straffrei bleiben. Dieser
Ansatz greift nach Ansicht der LAG aber zu kurz.
Gehe es um Sexarbeit, müsse eine Sache klar sein, betont Hannah Harms, eine der LAG-Sprecherinnen: „Werden die Frauen
zum Sex oder zu Praktiken gezwungen, die sie nicht wollen, oder wird ihnen das vom Freier bezahlte Geld nicht ausgezahlt,
sprechen wir nicht von Sexarbeit, sondern sind im Bereich Menschenhandel oder sexuelle Ausbeutung. Das ist verboten,
auch jetzt schon. Wir wollen selbstverständlich, dass solche Straftaten verfolgt und geahndet werden. Wenn wir ein
Sexkaufverbot ablehnen, heißt das keinesfalls, dass solche Taten befürwortet werden.“ Vielmehr gehe es der LAG darum, die
Sexarbeiterinnen in den Blick zu nehmen, die ihre Dienstleistungen freiwillig anbieten. „Sexarbeiterinnen verkaufen nicht sich
und auch nicht ihren Körper, sondern sie bieten in unserem Verständnis eine Dienstleistung an. Das darf man den Frauen
nicht verbieten“, so Harms
Für die Sexarbeiterinnen bringt das seit einigen Jahren geltende Prostituiertenschutzgesetz aus Sicht der LAG
Vertreterinnen einige Nachteile, worauf sie mehrfach hingewiesen haben. Die damit verbundene Meldepflicht reißt manche
Sexarbeiterinnen unfreiwillig aus der Anonymität, andere tauchen völlig ab und sind weder für die Behörden, noch für die
Beratungsstellen erreichbar. Die während der Corona-Pandemie verfügten Kontaktbeschränkungen kamen einem Verbot
recht nahe. Ergebnis war, dass die Sexarbeit aus dem legalen in den illegalen Bereich gedrängt wurde. Gesetzestreue Freier
bleiben weg, diejenigen, die nicht viel auf Vorschriften geben, suchen die Sexarbeiterinnen trotzdem auf. Das sind dann
unter Umständen auch diejenigen Männer, die sich nicht an Absprachen halten und die insgesamt für die Frauen gefährlich
sind. Fehlen Bordelle und sichere Wohnungen für die Sexarbeit, steigt die Unsicherheit weiter. Zudem wird es für die Frauen
schwieriger, ein Netzwerk aus vertrauenswürdigen Menschen aufzubauen, an die sie sich bei Problemen wenden können.
Die Arbeit der Aidshilfe und Prävention würde durch ein Sexkaufverbot ebenfalls deutlich erschwert: „Die akzeptierende
Beratung ist für uns der Schlüssel“, erklärt Harms. „Die Frauen werden so angenommen, wie sie sind, sie werden nicht
verurteilt, sondern ihnen werden Möglichkeiten aufgezeigt. Das muss nicht immer auf einen Ausstieg hinauslaufen.“ Corona
habe gezeigt, dass schnell Misstrauen entstehe, auch den Beraterinnen gegenüber“. Ohnehin sei die Arbeit nicht einfach,
schließlich sei es in der Regel aufsuchende Arbeit. „Wir gehen zu den Arbeitsstätten der Sexarbeiterinnen. Es wäre eine große
Barriere, wenn Plätze wie Bordelle oder ein Straßenstrich wegfallen“, sagt Harms. „Wenn sich alles so weit in den illegalen
Bereich verlagert, dass die Polizei die Frauen nicht mehr finden kann, dann finden wir sie auch nicht. Solche verstecken Orte
sind für die Sexarbeiterinnen sehr unsicher.“ Das Nordische Modell werde dazu führen, dass diejenigen mit der Sexarbeit
aufhören, die gute Alternativen haben. Für alle anderen würde die Situation prekärer.
Nähere Informationen finden Sie unter xxelle-nrw.de.
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